CEOs schmeissen meistens mit wirtschaftlichem Fachjargon um sich und jonglieren mit Zahlen wie ein Zirkusclown mit seinen Bällen. In unserem Interview zeigt sich Breitling-CEO Georges Kern ungewöhnlich nahbar und spricht neben dem Erfolg der Uhrenmarke auch über seine grösste Leidenschaft: das Erzählen von Geschichten.
Interview: Nadia Hartzer
Redaktion: Lauren Hawker Zafer, Lara Meroni
Georges Kern ist bekannt als CEO der Uhrenmarke Breitling. Was viele aber nicht wissen: Kern ist auch Filmproduzent und ein begeisterter Drehbuchleser – oder in seinen Worten: ein „Wochenend-Drehbuchautor“. Tagsüber Entscheidungen treffen, abends in die Tasten hauen? Was bringt den CEO einer so grossen Marke dazu, seine Freizeit diesem Hobby zu widmen, und gibt es vielleicht sogar Parallelen zu dem, was er gekleidet in Anzug und Krawatte beruflich leistet?
Es dauert nicht lange, und Georges Kern spricht während des Interviews in Zürich über die Parallelen zwischen Film und Luxusuhren, zumal Kern der festen Überzeugung ist, dass die beiden Welten nicht so gegensätzlich sind, wie viele vielleicht denken. Ein gutes Drehbuch sei der Anker für den Erfolg eines Films, genauso wie eine gute Geschichte den Erfolg einer Marke beeinflusse. Viele Unternehmen hätten ein Produkt und keine Geschichte, so Kern, und ohne Geschichte gäbe es keine Personalisierung. „Die Gesellschaft sehnt sich nach Personalisierung“, so der Oberste bei Breitling, „wir identifizieren uns mit Menschen, einer Person, den Geschichten, mehr als mit einem Konzept.“ Diese Haltung hat wohl massgeblich zur Zusammenarbeit mit der Lifestyle-Marke Deus ex Macchina geführt. Eine Kooperation, die die beiden Marken Hand in Hand miteinander gehen lässt – so schafft man Geschichten und kreiert ein Image. Die Kampagne selbst stellt die Gemeinschaft in den Vordergrund, etwas, das Breitling derzeit von seinen Mitbewerbern abhebt. https://de.wikipedia.org/wiki/Breitling_SA
Furchtlos
Georges Kern kam 2017 zu Breitling. Die angestaubte
Uhrenmarke ins Hier und Jetzt und zurück in die Köpfe der Menschen geholt zu haben, geht auf sein Konto. Er selbst verweist dabei auf seine Führungsarbeit und wird nicht müde, immer wieder stolz von seinem Team zu schwärmen, ohne dessen Einsatz selbst der findigste CEO nur ein Strippenzieher ohne Fäden wäre.
Das Interview dauert eine Stunde, die sich dank Kerns Geschichten, seinem Charme und seinem selbstbewussten Auftreten wie ein paar Minuten anfühlen. Dieser Mann hat Stärke, doch was ist seine grösste? „Mut“, antwortet er wie aus der Pistole geschossen und fügt an: „Ich habe vor nichts Angst!“ Daraufhin erzählt er von seinem Sinn für Humor und dem Film „Mon Chien Stupide“, den Kern selbst produziert hat. Der Film basiert auf der gleichnamigen Novelle des US-amerikanischen Autors John Fante, der in Frankreich sehr populär war. Georges Kern fungierte als Produzent, Yvan Attal als Regisseur, und für die Hauptrolle war niemand Geringeres als Charlotte Gainsbourg am Start. Wenn Kern etwas anpackt, dann richtig. Der Erfolg des Filmes spülte dem Breitling-CEO viele Sympathien zu und kam darüber hinaus so gut an, dass er bei seinem Erscheinen als einer der zehn besten Filme Frankreichs eingestuft wurde. Das Comedy-Drama spielt in Frankreich und wurde dort auch gedreht. Es erzählt die Geschichte einer dysfunktionalen Familie, deren Zusammenhalt schwindet und deren Struktur im Laufe der Geschichte auseinanderfällt. Was traurig klingt, wird auf der Leinwand zum Humorstück, das beim Zuschauer für viele Lacher sorgt.
Happy Ending
Weshalb „Mon Chien Stupide“ beim Publikum so gut ankam? Kern nennt die Authentizität des Films und die Nähe zum eigenen Leben und verweist zudem auf das Happy End, zwar pointiert, aber nicht kitschig. „Ein Happy End ist ein Muss, aber es sollte nicht kitschig sein“, sagt er bestimmt. Kern ist ein eifriger Verfechter davon, den Zuschauer am Ende eines Films mit einem guten Gefühl aus dem Kinosaal zu schicken, ohne dabei ein abgelutschtes Klischee zu bedienen. Das ist ihm so wichtig, dass das ursprüngliche Ende von „Mon Chien Stupide“ sogar neu gedreht und ausgetauscht wurde. Georges Kern wäre nicht er selbst, wenn er sich auf dem grossen Erfolg des Streifens ausruhen würde. Sein nächstes Ziel: „Mon Chien Stupide“ als englische Fernsehserie zu produzieren.
„Man kann eine Luxusmarke nicht ohne eine Geschichte verkaufen.“
Als die Welt vor dem Lockdown stand, wandte sich der Breitling-CEO seiner Leidenschaft zu und schrieb seine eigene französische Fernsehserie. Der Titel sei noch streng geheim, schmunzelt Kern, der sein Talent fürs Geschichtenerzählen weiterentwickelt wie seine Visionen für Breitling. Er habe die Gabe, den Kunden und seine Bedürfnisse zu verstehen, darin lägen seine Stärken und die wisse er zu nutzen, ob nun in der Filmindustrie oder bei Breitling.
Hier geht’s zum Interview mit GUESS Gründer Paul Marciano.