The engraver
Tinte ist sein Geschäft: Maxime Plescia-Buchi bringt Menschen das unter die Haut, was sie für immer begleiten wird. Der Schweizer Tätowierer hat immer mehrere Eisen im Feuer – seine eigenen Studios Sang Bleu in Zürich, L.A. und London zum Beispiel oder die Zusammenarbeit mit dem Uhrenhersteller Hublot.
FACES: Bei wem würdest du dich weigern, ihn zu tätowieren?
Maxime Plescia-Buchi: Bei jedem, der sich diesem Prozess nicht zu 100 Prozent verschreiben würde.
F: Verstehst du Tattoos als modisches Accessoire oder als ein Statement?
MPB: Keines und beides. Tattoos können für dich sein, was du gerade brauchst.
F: Welches Design würdest du gerne auf einen Körper bringen?
MPB: Es geht mir nicht um ein bestimmtes Tattoo oder Design, sondern um die Person, die sich dieses von mir wünscht.
F: Darf man während dem Tätowieren weinen?
MPB: Solange du nicht zu sehr herumzappelst, kannst du tun, was immer du willst.
F: Wann weinst du selbst?
MPB: Häufig, wenn ich fliege und von allem anderen isoliert bin. Ich weine, weil das Leben so unglaublich überwältigend ist und nicht aufgrund von Schmerz.
F: Bist du der Meinung, dass zu viele Menschen tätowiert sind?
MPB: Nein, gar nicht.
F: Woran erkennt man einen guten Tätowierer?
MPB: Ein guter Tätowierer ist bereit, für ein Tattoo alles zu geben.
F: Du hast für Hublot Uhren entworfen. Was bringt einen Tätowierer und einen Uhrenhersteller zusammen?
MPB: Die Herangehensweise an ein Produkt ist bei beiden Parteien dieselbe: Ob Uhren oder Tattoos – beide sind zeitlos und halten für eine sehr lange Zeit. Tattoos sind gerade sehr im Einklang mit der Welt, während die Uhrenbranche darüber schwebt. Gemeinsam schaffen sie die richtige Balance aus dem Aktuellen und dem
Allgemeinen.
F: Jeder besitzt ein Smartphone. Weshalb benutzen wir zum Ablesen der Zeit trotzdem noch Uhren?
MPB: Jeder besitzt einen Fernseher, trotzdem hören wir noch Radio. Wir alle haben ein Auto und dennoch gehen wir auch zu Fuß.
F: Du arbeitest bereits seit einigen Jahren mit Hublot zusammen. Wofür bewunderst du die Hublot-Chefs Jean-Claude Biver und Ricardo Guadalupe, und was schaust du dir von ihnen ab?
MPB: Seite an Seite mit diesen Menschen zu arbeiten, ist für mich wie eine Schulung in Sachen Management und Unternehmensführung. Die eigene Firma groß zu machen und dennoch seine Vision und die Seele nicht zu verlieren, ist das Wichtigste, was ich dabei gelernt habe.
F: Dir gehören Tattoo-Studios in Zürich, Los Angeles und London. Was ist in London und L.A. besser als in Zürich?
MPB: Es gibt für alle Orte Punkte, die dafür und dagegen sprechen. Das ist faszinierend. Und davon gibt es so viele, dass ich nicht in der Lage bin, diese hier aufzuzählen.
F: Sind Tätowierer Künstler oder Handwerker?
MPB: Weder noch. Tätowieren ist etwas Einmaliges, das Aspekte aus beiden Berufungen vereint.
F: Was denkst du über Menschen, die kein einziges Tattoo haben?
MPB: Ich hoffe, dass es das ist, was sie wollen. Nicht tätowiert zu sein, kann genauso ein Statement sein wie ganz viele Tattoos zu haben.
F: Sind Tattoos Mainstream geworden?
MPB: Das kommt aufs Verständnis von Mainstream an. Ich würde sagen, Tattoos wurden demokratisiert.
F: Wie viel darf ein gutes Tattoo kosten?
MPB: So viel wie jemand bereit ist, dafür auszugeben.
F: Tattoos, die du anderen Menschen stichst, sind Kunstwerke, die du nie wieder sehen wirst. Gibst du damit auch immer ein Stück von dir selbst weg?
MPB: Irgendwie schon. Aber ich halte an der Schönheit dieses Umstandes fest – es ist wie bei den tibetischen Mandalas Dultson-Kyil-Khor.
F: Viele Menschen haben richtig schlimme Tattoos. Was haben sie falsch gemacht?
MPB: Mein eigenes Urteil ist irrelevant. Wenn sie glücklich sind, ist es ein gutes Tattoo.
F: Wo tut ein Tattoo am meisten weh?
MPB: Das variiert von Person zu Person. Für mich war es der untere Bauch.
F: Welche Musik hörst du, wenn du jemanden tätowierst?
MPB: Ganz viele Soundtracks aus Filmen. Ansonsten auch Rap, New Wave und Industrial, R’n’B oder Elektro. Mein Spektrum ist extrem breit.
F: Wie erklärst du deine Tattoos deinen Kindern?
MPB: Ich glaube, dass meine Kinder meine Tattoos auch ohne Erklärung verstehen. Aber ich beantworte natürlich all ihre Fragen, sollten sie welche haben.
F: Was sind die wichtigsten Dinge, die du deinen Kindern weitergeben möchtest?
MPB: Liebe, Selbstwert und Gesundheit.
F: Dein ganzer Körper ist voller Tattoos – nicht aber dein Gesicht. Eine Tabu-Zone?
MPB: Eigentlich nicht. Es geht darum, womit du dich wohl fühlst. Ich werde mich nicht mehr tätowieren lassen. Diese Zeit in meinem Leben ist vorbei.
F: Hättest du gerne noch mehr Platz auf deinem Körper für neue Tattoos, oder würdest du auch alte gegen neue tauschen wollen?
MPB: Wenn ich das könnte, würde ich es vielleicht machen. (lacht)
F: Wofür geben dir andere Menschen zu wenig Anerkennung?
MPB: Die Leute schenken dir keine Anerkennung für die Dinge, für die du auch keine erwartest – aber sie tun es, wenn du diese wirklich verdient hast.
F: Welches Vorurteil über Tattoos und tätowierte Menschen nervt dich am meisten?
MPB: Ich bin mir keiner Vorurteile bewusst.
F: Wo triffst du deine Freunde, wenn du in Zürich bist?
MPB: Bei mir im Studio.
F: Wann ärgerst du dich über die Schweiz?
MPB: Ich finde es befremdlich, dass Schweizer bei gewissen Dingen extrem gründlich sind und bei anderen komplett amateurhaft vorgehen. Sich tätowieren zu lassen, ist zum Beispiel so eine Sache. Viele meiner Klienten würden sich lieber von einem mittelmäßigen Tätowierer stechen lassen, anstatt für das entsprechende Design auf den richtigen Tätowierer zu warten. Das ist eine Einstellung, die sich auf so viele andere Lebensbereiche anwenden lässt. Dieses Verhalten befremdet mich nicht nur, es enttäuscht mich auch sehr.
F: Wovor fürchtest du dich?
MPB: Vor allem, was das Glück meiner Kinder trüben könnte.
„Ich werde mich nicht mehr tätowieren lassen. Diese Zeit in meinem Leben ist vorbei.“
The Story: Hublot
Gold und Kautschuk. Zwei Materialien, die unterschiedlicher nicht sein könnten. Die Zusammenführung der beiden hat das Schweizer Uhrenlabel Hublot groß gemacht. 1980 startet das Unternehmen mit seiner „Art of Fusion“ und Uhren, inspiriert vom Bullauge von Booten. Auf Französisch: Hublot. 2004 kommt Jean-Claude Biver an Board und steuert das Label zum Erfolg. Für seinen Einsatz, seinen Ehrgeiz und den daraus resultierenden Erfolg wird der CEO, der am WEF schon mal direkt nach Ex US-Präsident Bill Clinton zu Wort kommt, mehrfach ausgezeichnet. „CEO of the Year“, „Leader of the Year“ oder „Hommage à la Passion“ sind nur einige seiner Titel, die sich der Schweizer Uhren-Papst auf die Brust schreiben darf. Bei Hublot einer seiner größten Coups: das Uhren-Modell Big Bang, ein Chronograph, 2005 auf den Markt gebracht, der mit seinen sechs Schrauben und den prägnanten Ecken diverse Design-Preise abräumt. 2008 nimmt das Luxus-Unternehmen LVMH das Schweizer Uhrenlabel unter seine Fittiche, und nur ein Jahr später zieht Hublot nach Genf, wo seitdem die 6’000 Quadratmeter große Manufaktur zu finden ist. Hier entstehen nach der Big Bang auch weitere Kollektionen wie die King Power, die Classic Fusion und die MP. Das Alleinstellungsmerkmal – die Fusion von Materialien – entwickelt Hublot stetig weiter: kratzfestes Magic Gold (2011 in Zusammenarbeit mit dem Swiss Federal Institute of Technology Lausanne realisiert) oder bunte Keramik (2013 mit einem knallroten Modell lanciert) machen aus den Uhren längst Statements. Zudem schafft es die Marke, sich als offizieller Zeitmesser des Fußball World Cups zu platzieren. Das mag nicht zuletzt an den prominenten Ambassadeuren liegen: Usain Bolt, die Fußballvereine Bayern München, Paris Saint- Germain, Ajax Amsterdam oder Juventus Turin, die Ski-Profis Maria Riesch und Dario Cologna oder die Familie des verstorbenen Formel-1-Rennfahrers Ayrton Senna. Dem nicht genug, lanciert Jean-Claude Biver 2012 Hublot TV, den ersten Online-Fernsehsender einer Uhrenmarke. Heute sind die Uhren von Hublot in über 70 Boutiquen auf der ganzen Welt erhältlich.