Patrick Pierazzoli: Miami Style
1984 war ein gutes Jahr für Don Johnson. Als Drogenfahnder Sonny Crockett cruiste er im Ferrari durch Miami und sorgte mit seinem Partner Ricardo Tubbs für Recht und Ordnung. Miami Vice war ein Riesenhit, und Don Johnson wurde nicht nur zum Sexsymbol, sondern auch zur Stilikone. Weite Anzüge aus Cool Wool und Leinen, mit Bundfalten und Achselpolstern, nur mit T-Shirt darunter. Und alles in den zuckersüßen Farben der Art-Deco-Hotels am Ocean Drive. Das war neu und cool. Und alles, was mal cool war, kommt zurück, sobald genügend Gras über den Hype gewachsen ist. Und so tragen wir diesen Sommer endlich wieder Pastell in allen Variationen. Wichtigstes Teil dabei ist der Blazer wie dieser von Paul Smith (ca. 955.–). Für den perfekten Look googeln Sie „Miami Vice“, dann verstehen Sie alles.
Marina Warth: Junkie
Diese verdammten Viren! Wieder haben sie mich erwischt, irgendwo zwischen dem Bungee-Sprung aus 134 Metern Höhe und dem Eisklettern am neuseeländischen Gletscher. Husten, Schmerzen, richtig fies. Anstatt kleinem Buntem von Pfizer, Novartis und Co. setze ich allerdings auf die scharfe Knolle aus Fernost. Ingwer-Tee ist wie Frühjahrsputz für den Rachen, ein Wirbelsturm im Gaumen, der durch die Kehle peitscht wie ein wildgewordener Kutscher sein Gespann. Das schmeckt – und zwar so gut, dass ich am Ingwer hänge wie ein Baby an seinem Schnuller. Gut, Ingwer-Tee klingt nach Hausmütterchen, nach Bettdecke und Zuhausebleiben, so gar nicht nach etwas, das es wert wäre, auf dieser Seite zelebriert zu werden. Und weil mich der Frühling längst in der Nase kitzelt, mir Hoffnung gibt auf Sonne, auf Tage im Freien, Outfits ohne Schals und Abende auf der Terrasse, tausche ich Tee gegen Bier, dem ich in dieser Flasche (Le Tribute, „Ginger Beer“, ca. 3.–, bei Globus) sowieso nicht widerstehen kann. Der Ingwer jedoch, der bleibt.
Marco Rüegg: Gewaltig
Westminster liegt in Trümmern, die Queen brennt auf dem Scheiterhaufen, Stromgitarren und Springerstiefel malträtieren den bürgerlich gesitteten Zeitgeist. Und mitten im Sperrfeuer der Punkbewegung ist Patti Smith so etwas wie die wort-, bild- und tongewandte Scharfschützin, die subtilere Stilmittel kennt als Krachorgien und Nietenbänder. Aber mindestens genauso effektive. „Jesus died for somebody’s sins but not mine“ – ein Satz wie ein Gnadenschuss ins Herz bigotter Moralapostel. „Before Easter After“ (Taschen Verlag) blendet zurück in die Jugend der fragil-androgynen, längst ergrauten popkulturellen Eminenz. Die knapp 300 hochglänzenden Seiten verschlagen uns nicht nur wegen der Wucht der Fotografien von Smiths Seelenverwandten Lynn Goldsmith den Atem: Fette 2’000.– ist der Edelschinken in seinersignierten Collector’s Edition wert. Das Hardcover gibt’s allerdings bereits für 80.–.