Kunst und Genuss – das gehört einfach zusammen. Deshalb vergibt Ruinart jedes Jahr seine Carte Blanche an einen Künstler, der sich von der Geschichte des Maison Ruinart und der Herstellung des bekannten Champagners inspirieren lassen darf. 2022 fiel die Wahl auf Jeppe Hein, den FACES im Rahmen der Art Basel zu seiner Installation RIGHT HERE, RIGHT NOW getroffen hat.
Interview: Mirco Ludolini
FACES: Smörrebröd oder stecke flesk?
Jeppe Hein: Smörrebröd. Ich esse nicht so viel Fleisch.
F: Berlin oder Kopenhagen?
Jeppe Hein: (zögert..) Berlin.
F: Lieblingsmusik?
Jeppe Hein: Schwierig zu sagen, dass kommt ganz auf die Stimmung drauf an. Aber ich mag Musik sehr und tanze gern.
F: Champagner oder Kaviar?
Jeppe Hein: Champagner.
F: Da wären wir gleich mitten im Thema. Wie ist die Zusammenarbeit mit dem Maison Ruinart zustande gekommen?
Jeppe Hein: Ich wurde angefragt, ob ich mir im Rahmen der Art Basel eine Zusammenarbeit vorstellen könnte. Ich muss eine Kooperation immer spüren. Kann ich eine Begeisterung dafür entfachen? Wäre ich mit dem Herzen dabei? Ich bin ein emotionaler Mensch, das ist mir sehr wichtig. Ich bin dann also in die Champagne zu Ruinart gefahren, habe es mir angesehen und war sofort begeistert. Du fühlst die Wärme und die Kälte auf den Feldern. Du riechst den Duft der Chardonnay-Blume, die frischen Trauben. Später sind wir in den Keller von Ruinart 30 bis 40 Meter unter der Erde. Es war kühl und feucht. ich wusste sofort: Das passt.
Das sind nun auch die drei Eckpfeiler meiner Arbeit hier an der Art Basel. Die Kreide als Pendant zum Stein im Keller. Der Duft der Chardonnay-Blume sowie die Rosine als Symbol für die Traube.
F: Warst du vorher schon ein Champagner-Fan, oder kam das mit der Zusammenarbeit?
Jeppe Hein: Ich habe Champagner schon immer gemocht, ich bin weniger der Bier- und Wein-Liebhaber. Ich muss aber zugeben, dass ich durch die Zusammenarbeit mit Ruinart sehr viel gelernt habe. Ich dachte, Champagner sei Champagner. Mir war gar nicht bewusst, wie viele unterschiedliche Brands und Arten es gibt. Das Maison Ruinart gibt es z.B. seit 1729, d.h. im Jahr 2029 werden sie bereits 300 Jahre alt. Das muss man sich mal vorstellen.
F: Wie wichtig ist es für dich, dass Menschen deine Kunst erleben und nicht nur ansehen können?
Jeppe Hein: Sehr wichtig. Meine Arbeit ist ein Werkzeug zur Kommunikation und Dialog. Meine Kunst fängt dann an zu leben, wenn die Besucher ein Teil davon werden. Bezüglich der Zusammenarbeit mit dem Maison Ruinart an der Art Basel war es mir wichtig, dass die Leute etwas in der Gegenwart erleben können. Right here, right now. Sie sollen sich keine Gedanken machen müssen über Preise und was bzw. ob sie etwas kaufen sollen. In der Hektik der Messe soll meine Kunst hier als Entspannung dienen.
F: Kunst ist sehr unterschiedlich und individuell, und für aussenstehende ist es nicht immer einfach die Bekanntheit eines Künstlers nachvollziehen zu können. Wie wird man eigentlich ein bekannter Künstler?
Jeppe Hein: Es gibt grundsätzlich kein Rezept, um ein erfolgreicher Künstler zu werden. Primär ist es ein Lifestyle, für den du dich entscheidest. Meiner Meinung nach solltest du keine Kunst machen mit der Motivation, berühmt zu werden. Du musst es machen, weil es deine Passion ist.
Ich kann dir also keine allgemeine Antwort geben, lediglich wie es bei mir gelaufen ist. Mein Start war die Ausbildung zum Schreiner. Als Legastheniker war eine höhere Ausbildung für mich damals keine Option. Durch meinen Stiefvater bin ich zum Malen gekommen. Eine Sprache ohne Wörter hat mich schnell fasziniert. So konnte ich mich emotional ausdrücken. Später habe ich dann doch noch Kunst studiert.
Erfolg hatte in meinem Fall auch viel mit Glück zu tun. Geklappt hat es sicherlich, weil ich immer an mich geglaubt habe und jeden Tag das tue, was ich liebe. Man muss ehrlich zu sich selbst sein. Dass ich mein Leben nun so leben kann, dafür bin ich unglaublich dankbar.
F: Du bist Künstler aus Leidenschaft. Zudem hast du vier Kinder und eine Frau. Da spielt der Profit deiner Kunst doch auch irgendwo eine Rolle oder nicht?
Jeppe Hein: Da hast du natürlich recht. Ich trage eine Verantwortung gegenüber meiner Familie. Ich trage auch eine Verantwortung gegenüber meinen 20 Mitarbeitern. Ich habe einen Koch, zwei Buchhalter, Ingenieure und Architekten. Aber gerade auch meine Frau weiss, dass ich keine Angst habe, eines Tages wieder als Schreiner zu arbeiten. Wir leben unser Leben und geniessen es. Sollte es eines Tages vorbei sein mit dem Erfolg in der Kunst, dann finden wir etwas anderes.
So oder so, ich bin sehr dankbar für das Leben, das ich leben darf. Ich bin privilegiert und meine Familie ist es auch. Das mache ich mir immer wieder bewusst. Ich unterstütze auch ganz viele junge Künstler und versuche bestmöglich etwas zurückzugeben. Mir wurde früher ebenfalls sehr geholfen, das ist mir sehr wichtig.
F: Was denkst du, wie viel deines Erfolgs ist der Kunst und wie viel dem Marketing geschuldet?
Jeppe Hein: Früher oder später benötigst du professionelle und finanzielle Unterstützung, um auf das nächste Level zu kommen. In meinem Fall hat mir damals die Galerie von Johann König wahnsinnig geholfen. Er war 19 Jahre jung und kommt aus einer Kunst-Familie. Er hat fest an mich geglaubt, und zusammen haben wir uns einen Namen gemacht.
F: Wie wichtig ist Social Media für für dich? Machst du das gerne, oder ist das mehr Mittel zum Zweck?
Jeppe Hein: Ich bin erst sehr spät aktiv auf Social Media geworden. Mich hat das zuerst nie wirklich interessiert. Später habe ich dann aber festgestellt, dass ich es als kreatives Tool nutzen kann. Ich muss mich nicht zwingend selbst in den Fokus rücken, sondern meine Kunst. Ich kann damit auch wunderbar Eindrücke von hinter den Kulissen geben. Die Leute interessiert das immer sehr. Gerade während Corona habe ich auch jeden Mittwoch live Atemübungen gemacht und die Leute dazu aufgerufen, mitzumachen. Das hat super funktioniert.
Wichtig ist mir sicherlich, dass ich den Leuten einen realistischen Einblick in meine Kunst gebe. Ich versuche, etwas nicht besser darzustellen oder zu repräsentieren, was ich nicht bin.
F: Was würdest du einem aufstrebenden Künstler für einen Rat geben?
Jeppe Hein: Versuche immer wieder deinen kreativen Prozess herauszufordern. Bleibe dabei nicht in einem Medium. Mit Farbe, Metall, Keramik, grafisch, etc. So kannst du dich besser entwickeln. Zudem sollen die Leute viel mehr zusammenarbeiten. Also auch Kunst zusammen kreieren und dann zusammen ausstellen. So lernt man unheimlich viel und man entwickelt sich als Künstler und als Person.
F: Wie ist es eigentlich als Künstler, will man da wie ein Sportler immer besser und erfolgreicher werden oder sind da der Gedankenprozess sowie die Motivation eine andere?
Jeppe Hein: Meiner Meinung nach sind wir da gleich. Gerade in meiner Anfangszeit hatte ich einen sehr grossen Ehrgeiz und einen klaren Plan. Man kann es aber auch übertreiben. Heute gebe ich in meiner Kunst viel und gerne. Schönerweise merke ich, dass ich das dann tausendfach zurück bekomme. Es geht mir also in der Zwischenzeit mehr um das Miteinander als um den persönlichen Erfolg.
F: Letzte Frage, stimmt es, dass Dänen keinen Smalltalk mögen?
Jeppe Hein: (lacht) Nein, nein. Es kommt halt ein bisschen drauf an. Grundsätzlich sind wir Dänen aber sicherlich Menschen, die gerne etwas tiefer gehen. Ist das für dich jetzt Smalltalk?
F: Nein, das ist ein Interview. (beide lachen)