Eine Modedesignerin und ein Meisterparfumeur gehen in eine Uhrenfabrik. Die Pointe dieses Szenarios ist die Konzeptuhr „Égérie – The Pleats of Time“. Entstanden ist das außergewöhnliche Bijou in Zusammenarbeit von Yiqing Yin und Dominique Ropion für das Traditionshaus Vacheron Constantin.
Ein Modetrend verschwindet so schnell wie er gekommen ist. Ein Parfumduft verflüchtigt sich in Windeseile. Sie sind die Opfer der Zeit. Aber auch deren Zeugen. Wahre MeisterInnen ihres Fachs hebeln die Zahnräder der Vergänglichkeit aus und schenken der Welt Kreationen, die überdauern. Wie ein Kleid, das nicht nur über den flüchtigen Launen des Publikums schwebt, sondern auch neue Generationen inspiriert. Oder ein Geruch, der uns nach Jahren wieder lebhaft in einen Moment zurückversetzt, bevor er in unserer Erinnerung verdunstet. Zeit lässt sich nicht aufhalten. Aber manchmal, mit ganz viel Können, lässt sie sich einfangen.
Für eine solche Aufgabe hat sich die Schweizer Uhrenmanufaktur Vacheron Constantin an zwei Ausnahmetalente gewendet, Haute Couture Designerin Yiqing Yin und Meisterparfumeur Dominique Ropion. Ihre Expertisen sind verschmolzen in der Konzeptuhr „Égérie – The Pleats of Time“. Als weltweit erstes Modell dieser Art setzt der Zeitmesser bei Bewegungen des Handgelenks nach Zufallsprinzip einen Duft frei. Dem innovativen Konzept gibt Yiqing Yin eine exorbitante Gestalt. Die Chinesin nennt inzwischen Paris ihre Heimat, wurde 2015 als eines der jüngsten Mitglieder überhaupt in die Chambre Syndicale de la Haute Couture aufgenommen und ist seit vier Jahren mit Vacheron Constantin verbunden. Als Teil der „One of Not Many“-Kampagne repräsentiert die Haute Couturière eine Modellreihe für Damen namens „Égérie“ – und ergänzt diese nun durch eine eigene Kreation. „Ich wollte meine intuitive Kreativität in die streng geregelte Welt der Haute Horlogerie einfließen lassen und eine Uhr erschaffen, welche die Zeit freisetzt und sie in ein Objekt der Emotion verwandelt“, so Yin. Damit betrat die Modeschöpferin persönlich kreatives Neuland, fand sich in diesem aber schnell zurecht: „Als Haute Couture Designerin war ich mit den beispiellosen technischen Regularien der Uhrmacherei konfrontiert und suchte nach einem Berührungspunkt mit meinem künstlerischen Prozess, der in einer sich ständig bewegenden visuellen Erzählung im Dialog mit flexiblen Formen wurzelt.“ So offenbaren sich bei genauer Betrachtung die Gemeinsamkeiten im Handwerk von Haute Horlogerie und Haute Couture – speziell jener von Yiqing Yin, die von fließenden Formen und harmonischen Texturen geprägt ist: „Die Vereinfachung des Zifferblatts bringt das Wesentliche zum Vorschein, eine Schwingung, die durch das Faltenmuster sowohl auf der Uhr als auch auf dem Kleid verkörpert wird – wodurch ein Raum zum Atmen und der Geschmeidigkeit entsteht, der ein enormes Potenzial birgt.“
Wenn die Zeit zu duften beginnt
Damit sich dieser Blickfang auch einatmen lässt, wurde eine Koryphäe ihres Fachs eingeladen. Dominique Ropion war bereits an der Entwicklung von Yiqing Yins Duftkleid „Minima Naturalia“ beteiligt, das 2021 im französischen Pavillon der Weltausstellung in Dubai zu sehen war. Doch auch für den mit allen Wassern gewaschene – oder vielmehr mit allen Düften vertraute – Meisterparfumeur war die neue Aufgabe keine alltägliche: „Die Übertragung von Zeit in Duftnoten ist eine Herausforderung, die ich ebenso spannend wie komplex fand. Ich arbeite seit 2010 mit Yiqing zusammen und bin mit ihrer Detailversessenheit vertraut, die der meinen ähnlich ist. Gemeinsam haben wir Dutzende von Rohstoffen gerochen und getestet, um die Zeit in einem Duft zu erfassen.“ Das fertige Aroma – ein chamäleonartiges Bouquet unter anderem mit Noten von Galbanum, Lavendel, Ylang-Ylang, Orangen und Zitronen – wurde in Nanokapseln abgefüllt. Diese befinden sich in den einzelnen Bestandteilen des Armbands und versprühen das Parfum je nach Reibung mit dem Handgelenk. Dadurch wird die „Égérie – The Pleats of Time“ nicht bloß ein Stunden- und Minutenapparat, der uns von einem Termin zum nächsten scheucht. Sondern eine Zeitmaschine, die im Alltag immer wieder unverhofft unsere Sinne betört und uns vielleicht auf vergangene Augenblicke zurückbesinnen lässt. Wie die Zitrusbäume während den Spaziergängen im letzten Urlaub. Oder jener Strohblumenstrauss auf dem Küchentisch vom vergangenen Winter.
„Wir müssen bereit sein, uns eine Zeit lang zu verlieren, um zu entdecken, was wir noch nicht wissen.“ – Yiqing Yin
Parallel zur Uhr kreierte Yiqing Yin ein dazu korrespondierendes Haute-Couture-Kleid und rundete damit ästhetisch das Gesamtwerk ab. Der Dress aus Satin und Seidenchiffon führt das wellenartige Spiel der „Égérie – The Pleats of Time“ fort. Für die schillernde Färbung wandte die Künstlerin neue, umweltschonende Prozesse an. So ergab sich durch das Projekt die Möglichkeit für Yin, ihre künstlerischen und handwerklichen Horizonte zu erweitern: „Das Experimentieren war schon immer eine Konstante in meinem kreativen Ansatz, ein Leitprinzip. In meiner Arbeit versuche ich, Begegnungen zwischen verschiedenen Welten zu provozieren und Kollisionen zwischen verschiedenen Ausdrucksformen zu schaffen“, verrät die Designerin. In den vergangenen Jahren haben sie ihre Pfade oft ins Terrain abseits der Modewelt geführt. Mit dem Bildhauer Bastien Carré kombinierte Yiqing Yin Schattierungen und Materialien zu einem Kleid. Sie entwarf das Bühnenbild für eine Ballett-Version von „Tristian und Isolde“. Und designte das Kostüm für Hauptdarstellerin Marion Cotillard im preisgekrönten Drama „Annette“. Yins Werke kleiden nicht nur Mannequins oder fließen über den Laufsteg, sondern glänzen in Museen für Völkerkunde und Kunstgalerien rund um den Globus. „Ich mag es, mit Menschen aus Dimensionen zu arbeiten, die ich nicht beherrsche, und ich betrachte das Design – vor allem in der Haute Couture – als ein Labor, in dem ich etablierte Techniken in Frage stelle. Ich betrachte Wissen und Know-how als Werkzeuge, die fehlgeleitet werden können.“
Und wer sich verirrt, landet an Orten, an denen man noch nicht war. Glücklicherweise auch an solchen, von denen man bislang nicht wusste, sie überhaupt finden zu wollen. „Égérie – The Pleats of Time“ ist eine solche Neuentdeckung, deren Konzept spannende Möglichkeiten eröffnet. Wird ihre wohlduftende Funktion bald ebenso zur Ausstattung einer Uhr gehören wie die Datumsanzeige oder ein Tourbillon? Die Zeit, was sonst, wird es zeigen. Für Yiqing Yin hat sich das Experiment gelohnt: „Ich bin davon überzeugt, dass der Schlüssel zur Kreativität darin liegt, Risiken einzugehen und bereit zu sein, aus der eigenen Komfortzone herauszutreten, um eine ständige Neuerung zu ermöglichen. Wir müssen bereit sein, uns eine Zeit lang zu verlieren, um zu entdecken, was wir noch nicht wissen.“ Ein weiser und beruhigender Ratschlag für alle, die fürchten, ihnen laufe die Zeit davon auf dem Weg zur Selbsterkenntnis.
„Égérie Moon Phase“
Zwar ohne Parfum ausgestattet, doch nicht weniger dufte ist die zweite Uhr der Kollektion. Yiqing Yins künstlerische Vision setzt sich in der „Égérie Moon Phase“ fort und auch bei der Coloration legte die Designerin großen Wert auf „feminine, flüchtige Farbtöne wie die zarte Verkörperung von Tagträumen“. Neben dem Roségold und den Diamanten ist es insbesondere das Perlmuttzifferblatt, das den Blick auch dann magisch anzieht, wenn er sich nicht nach der Uhrzeit erkundigt. Die „Égérie Moon Phase“ hat drei auswechselbare Armbänder und ist limitiert auf 100 Exemplare.
„Égérie Moon Phase“, ca. 43’000.–
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Fotos: © Vacheron Constantin