FACES: Erinnerst du dich an deinen ersten Moment auf dem Laufsteg, als du mit gerade mal 16 Jahren für Calvin Klein gelaufen bist? Wie hast du dich dabei gefühlt?
Kaia Gerber: Oh mein Gott, ich war ja so nervös! (lacht) Kurz vor dem Auftritt hatte ich solche Angst davor, ohnmächtig zu werden, zu stolpern oder zu vergessen, wie man überhaupt geht. Wenn ich mir jetzt Fotos oder Videos davon anschaue, dann wundere ich mich darüber, wie jung ich war, ein richtiges Rehkitz!
FACES: Inwiefern hilft dir das Modeln bei der Schauspielerei und umgekehrt?
Kaia Gerber: Bevor ich überhaupt ans Modeln gedacht habe, habe ich in der Schule bereits geschauspielert. Das hat mir sehr dabei geholfen, selbstbewusster und aufgeschlossener zu sein und mich daran zu gewöhnen, vor Menschen und vor allem auch vor der Kamera zu sprechen. Beim Modeln habe ich dann gelernt, in verschiedene Charaktere zu schlüpfen und mich innerhalb kürzester Zeit zu verwandeln. Je länger ich die Schauspielerei verfolgte, desto besser lernte ich, die Kamera komplett zu vergessen. Ob es nun das Modeln ist oder die Schauspielerei: Kunst erschaffen zu dürfen, ist für mich ein großes Geschenk.
FACES: Was hast du durch deine Arbeit als Model und Schauspielerin gelernt?
Kaia Gerber: Jeden Moment zu schätzen, in dem ich das tun kann, was ich liebe.
Mehr Zeit in der Natur und mit dem Vierbeiner
FACES: Die Zeit ist knapp, insbesondere in deinem Terminkalender. Mit wem möchtest du 2024 mehr Zeit verbringen?
Kaia Gerber: Mit meinem Hund! Ich liebe es, zu wandern, campen oder klettern zu gehen und einfach die Zeit draußen in der Natur zu verbringen und dabei Social Media einfach mal komplett links liegen zu lassen.
FACES: Was hast du in Sachen Style und Mode von deiner Mutter Cindy Crawford gelernt?
Kaia Gerber: Meine Mutter hatte schon immer einen erstklassigen Stil, und ich habe mich bereits früh in ihren Kleiderschrank geschlichen und mir dort meine Outfits zusammengestellt. Ihr Credo war stets: Weniger ist mehr, und ich versuche, es genauso zu halten. Weder sie noch ich sind Maximalistinnen.
FACES: Welchem Ratschlag deiner Mutter folgst du immer?
Kaia Gerber: Meine Mutter hat mir schon früh beigebracht, immer pünktlich zu sein. Sie kommt immer fünf Minuten zu früh, ich bin stets genau pünktlich. (lacht) Zudem hat sie mir dazu geraten, mir besonders viel Mühe dabei zu geben, mich an die Namen der Menschen zu erinnern, denen ich begegne.
FACES: Wie unterscheidet sich die Generation deiner Mutter von deiner?
Kaia Gerber: Ich habe den Eindruck, dass meine Generation weniger gut darin ist, einfach mal still zu sitzen oder auf etwas zu warten. Ob es um Serien, Musik oder Menschen geht: Alles ist ständig und immer erreich- und abrufbar. Social Media hat die Art verändert, wie wir Zeit wahrnehmen und wie sie vergeht.
FACES: Blickst du zum Ablesen der Zeit überhaupt noch auf die Uhr, und welche Bedeutung hat ein Zeitmesser für dich?
Kaia Gerber: Für mich ist eine Uhr ein Schmuckstück oder ein Accessoire. Heutzutage brauchen wir eine Uhr nicht mehr für das, wozu sie ursprünglich entwickelt wurde. Sich eine Uhr ums Handgelenk zu legen und die Zeit tatsächlich davon abzulesen, hat für mich etwas Nostalgisches und versprüht dieselbe Magie wie ein Buch aus Papier oder sich im Kino einen
Film anzusehen anstatt zuhause auf dem Bildschirm. Es sind diese Traditionen, die uns als Menschen zusammenschweißen.
Kaia Gerbers Buch-Club
FACES: Während der Pandemie hast du einen Buch-Club gegründet und auf Social Media damit begonnen, nicht nur einzelne Werke zu besprechen, sondern dich auch mit AutorInnen zu unterhalten. Gibt es ein Buch, das dich am meisten geprägt und inspiriert hat?
Kaia Gerber: Ich habe während Corona aus reiner Leidenschaft zum Lesen mit diesem Projekt begonnen und bin sehr glücklich darüber, dass ich in diesem Rahmen die Möglichkeit hatte, so viele inspirierende AutorInnen zu interviewen. Aus diesen Gesprächen habe ich sehr viel gelernt, und es ist toll, dass meine Follower davon ebenfalls profitieren können. Lesen ist mir so wichtig, weil ich erst dadurch begriffen habe, wie wertvoll die Welt der Literatur und die Gedanken von Menschen tatsächlich sind. Ein Werk, das mir sprichwörtlich die Augen geöffnet hat, war „Der Fremde“ von Albert Camus. Dieses Buch fungierte wie der erste Dominostein, der den zweiten anstupste und mich immer weiter in diese magische Welt der Literatur hineinführte.
FACES: Welche Bücher sollte man in diesem Jahr unbedingt gelesen haben?
Kaia Gerber: Ich habe gerade dieses grandiose Poesie-Buch gelesen, „I Do Everything I’m Told“, das ich sehr empfehlen kann. Jessica Gross bringt kommendes Jahr ihr neues Werk „Open Up“ auf den Markt, das ich vorab bereits lesen durfte. Ich kann verraten: Es ist großartig und ein Must für alle, die meinem Buch-Club folgen. Als Drittes nenne ich die neue englische Übersetzung von Izumi Suzukis Buch „Hit Parade of Tears“, deren Kurzgeschichten ich sehr mag.
FACES: Welche sind deine wertvollsten Momente, und wann fühlt sich die Zeit so klebrig an wie Kaugummi?
Kaia Gerber: Zeit mit meiner Familie zu verbringen und mit Menschen, die ich liebe, ist mir am allerwichtigsten. Je älter ich werde, desto mehr schätze ich diese Momente, in denen man gar nicht daran denkt, dass die Zeit vergeht und einfach komplett im Hier und Jetzt lebt. Andersherum vergeht die Zeit kaum, wenn ich zum Beispiel am Flughafen warten muss, das ist für mich ganz schlimm.
FACES: Was sind die wichtigsten Werte, die dir deine Familie vermittelt hat?
Kaia Gerber: Obwohl meine Eltern beide sehr viel gearbeitet haben, waren sie zuhause nicht nur physisch sondern auch mental komplett präsent. Sie haben mir beigebracht, wie wichtig es ist, die Momente mit unseren liebsten Menschen zu schätzen, denn schließlich wissen wir alle nicht, wie viel Zeit uns mit ihnen bleibt. Es ist wichtig, jeden Moment mit der Familie und seinen Liebsten auszukosten und ihnen deine komplette Aufmerksamkeit zu schenken.
Vom Styling zu Social Media
FACES: Gibt es ein besonderes Styling-Credo, an das du dich hältst?
Kaia Gerber: Französische Frauen und ihr Stil beeindruckten mich schon immer. Jane Birkin oder Françoise Hardy sind meine Ikonen, und wann immer ich nicht weiß, ob etwas geht oder nicht, schaue ich mir ihre Outfits an. Das Wichtigste ist jedoch immer, sich in einem Outfit wohl zu fühlen.
FACES: Social Media hilft dir dabei, dich direkt mit deinen Fans zu vernetzen und deine Präsenz als Model und Schauspielerin auszubauen. Gleichzeitig setzt einen Social Media auch unter Druck. Wie findest du dazwischen deine Balance?
Kaia Gerber: Social Media leistet so viel Gutes für unsere Welt. Die Bewegung Black Lives Matter hätte niemals so großen Anklang gefunden, wäre Social Media nicht gewesen. Social Media verbindet die Menschen und macht sie eins. Was mich persönlich betrifft, versuche ich, mir immer wieder selbst klar zu machen, dass ich auf Social Media nur eine meiner Facetten zeige und meine Persönlichkeit aus noch ganz vielen weiteren besteht. Das hilft, wenn man teilweise Menschen auf Instagram sieht und sich denkt: Weshalb sind die nur so perfekt?! Niemand ist perfekt, denn meistens postet man nur dann, wenn es einem richtig gut geht.
FACES: Wie stellst du dir unsere Zukunft vor, und was müssen wir als Gesellschaft tun, damit wir das Ruder jetzt noch rumreißen?
Kaia Gerber: Es gibt so vieles, das wir ändern müssen! Es ist wichtig, dass wir uns über der schieren Menge der Probleme und deren Komplexität nicht hilflos fühlen und verstehen, dass jeder und jede von uns Teil der Lösung ist. Der Klimawandel macht mir Sorgen, und es enttäuscht mich sehr, dass wir in einer Welt leben, in der gewisse Menschen trotz wissenschaftlicher Beweise anzweifeln, was mit unserem Klima gerade geschieht. Wenn alle ein bisschen anpacken, dann können wir es gemeinsam schaffen!
FACES: Bist du ein Morgenmensch oder eine Nachteule?
Kaia Gerber: Ich bin ganz klar ein Morgenmensch! Ich liebe es, vor allen anderen aufzuwachen und die Zeit zu nutzen, um mich zu erden und in Dankbarkeit zu üben für alles, was ich habe.
Kaia Gerber
Genetischer Jackpot geknackt: Kaia Gerbers Mutter ist Cindy Crawford, ihr Vater der Unternehmer Rande Gerber. Doch es braucht mehr als dieses Label der Tochter von, um Saison für Saison auf dem Roten Teppich bestehen zu können. Mit 10 modelt Kaia für Versace, mit 22 ist sie für alle Großen des Mode-ABCs über den Laufsteg flaniert. Seit 2017 fungiert sie wie ihre Mutter als Ambassador des Uhren-Brands Omega, sammelt am Set von Film- und Kinoproduktionen Erfahrung und sorgt an der Seite von Schauspieler Austin Butler gerade überall für Fan-Girl-Moments.
Man würde Kaia Gerber Unrecht damit tun, sie als Mini-Me ihrer Model-Mama Cindy Crawford zu bezeichnen. Mit 22 ist Gerber bereits Dauergast auf den Laufstegen dieser Welt, dazu gefragtes Kampagnen-Gesicht für Marken wie etwa Omega und Gründerin ihres eigenen Buch-Clubs, dem auf Instagram rund zehn Millionen Menschen folgen.
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Fotos: © Launchmetrics SpotlightSM