Renzo Rosso macht nur noch, was ihm Spaß macht. Neben dem Ausbau seines Fashion-Imperiums sind das für den Diesel-Gründer vor allem Fußball und Wein. Ein Gespräch.
Im vergangenen Jahr hat sich Renzo Rosso einen weiteren Traum erfüllt: Er kleidet mit seinem Label Diesel die Spieler des AC Mailand abseits des Fußballplatzes ein. Wir haben den Jeanspionier anlässlich der Präsentation der neusten Kollektion in Mailand getroffen.
FACES: Ich habe Ihnen ein Geschenk mitgebracht.
Renzo Rosso: Sollte es nicht umgekehrt sein? Sollten nicht wir euch Geschenke machen?(Packt Geschenk aus. Ein Trikot des FC St. Gallen)
F: Heute nicht. Wir wollen ja heute über Fussball sprechen, und FACES stammt ursprünglich aus St. Gallen, und der FC St. Gallen ist der älteste Fussballclub in Kontinentaleuropa, gegründet 1879.
RR: Vielen Dank. Ich spiele ja noch Fußball, und nächsten Sonntag werde ich es tragen.
F: Auf welcher Position spielen Sie?
RR: Auf der rechten Seite. Rechtes Mittelfeld.
F: Die Frage, die alle im Zusammenhang mit dem Italienischen Fußball am brennendsten interessiert, nachdem die Squadra Azzurra sich erstmals seit 60 Jahren nicht für die Weltmeisterschaft qualifizieren konnte, lautet: Was ist passiert?
RR: Das ist wirklich sehr traurig. Wie das geschehen konnte? Nun, zu viele Interessen, zu wenig Kompetenz. Die Leute haben ihren Job nicht gemacht. Verantwortlich sind erstmal die, welche den Trainer verpflichtet haben, der mit der schwierigen Aufgabe offensichtlich überfordert war. Wir haben gute Spieler und wären bestimmt in der Lage, eine gute Mannschaft zusammenzustellen.
F: Gibt es eine andere Mannschaft, mit der Sie mitfiebern können, oder findet die WM ohne Sie statt?
RR: Nein, nein, ich bin immer noch ein Liebhaber von schönem Fußball. Ich schaue immer gerne den Deutschen zu. Ich bewundere ihre Mentalität. Die Lust, der Wille,
die Leidenschaft. Es gibt keine Bosheit auf dem Spielfeld,
keine Zeitverschwendung.
F: Disziplin.
RR: Genau, Disziplin. Ich wünschte mir, alle Mannschaften hätten so ein Benehmen. Und dann ist natürlich der südamerikanische Fußball sehr spektakulär.
F: Die Schweiz hat sich auch für die WM-Endrunde qualifiziert. Kennen Sie einen Schweizer Spieler?
RR: Es tut mir leid, aber nicht wirklich.
F: Haben Sie in jungen Jahren selbst Fußball gespielt?
RR: Immer, aber nie auf halbwegs professionellem Niveau. Vor allem weil ich immer arbeiten musste. Im Club gespielt? Ja. An Meisterschaften teilgenommen? Ja. Aber um ehrlich zu sein, war ich nie so gut. Später, mit dem Alter, wurde ich besser, und ich glaube, meine Fähigkeiten kommen heute auch besser zur Geltung. Deshalb spiele ich immer noch. Aber mit 60 – 62 um genau zu sein – kannst du nicht mehr so viel rennen, da musst du mehr mit dem Kopf spielen.
F: Ihren Fußballcub, Bassano Virtus 55 Soccer Team, haben Sie den immer noch?
RR: Bassano Virtus 55. Aber klar doch.
F: Und wie läuft’s?
RR: Wieder besser. Nachdem wir in die Serie C abgestiegen sind, haben wir den Trainer ausgewechselt und gewinnen inzwischen wieder. Es läuft gut, wir sind zufrieden.
F: Welches ist Ihr aktueller Lieblingsspieler?
RR: Ich bin verliebt in Bonaventura. Und Donnarumma ist ein Phänomen. Locatelli ist ein weiterer fantastischer italienischer Spieler. International sicher Messi, der spielt wie ich rechtes Mittelfeld. (lacht) Wie der jeweils zur Mitte reindrängt und mit links abdrückt, ah.
F: Und wer war der Beste aller Zeiten?
RR: Für mich zuallererst Rivera. Dann das Trio Gullit, Van Basten und Reykaart. Auch Shevchenko gehört zu den Großen – und natürlich Maldini, Baresi. So viele.
(zur Assistentin): Könnten wir ein bisschen Wein haben?
(Zwei Gläser werden gereicht. Wir stoßen an.)
RR: Sie müssen wissen, den Wein mache ich selbst.
F: Sehr fein.
RR: Es ist ein Champagner aus unserem Haus. Parker hat unseren Wein mit 93 Punkten bewertet und gesagt, dass dieser noch besser sei, mindestens 95/96 Punkte. Ich bin sehr stolz darauf. Ich habe 20 Jahre gebraucht, um an diesen Punkt zu kommen. Unsere Enologen haben jeden einzelnen Tag daran gearbeitet, unseren Wein noch besser zu machen und an den Punkt zu bringen, an dem er heute ist.
F: Und wie macht man das?
RR: Ein Beispiel: Früher wurde die Maische nach der ersten Pressung für 34/36 Stunden in großen Fässern gelagert. Heute füllen wir sie direkt in Eichenfässer und geben dem Vorgang 30 Tage Zeit. Es ist ein ganz anderer Prozess und sehr viel teurer. Oder bei den Pflanzen: Da schneiden wir fast 80 Prozent weg und verwenden pro Pflanze nur zwei Rispen. Die ganze Energie sammelt sich dann in den zwei Rispen. Dadurch haben wir natürlich nur eine sehr kleine Produktion. Bei der Ernte beginnen wir am Rand des Weinbergs und arbeiten uns in die Mitte. Und alle Standorte kommen in verschiedene Fässer. Es ist fast wie in einer Boutique. Wir produzieren nur 13’000 Flaschen.
F: Aber es gibt den Wein schon zu kaufen?
RR: Ja klar.
F: Kommen wir nochmals zurück zum Scheitern von Italien. Wie gehen Sie persönlich, privat und geschäftlich mit Niederlagen um, was ist Ihr Rezept?
RR: Ich sehe das positiv. Ich denke, Fehler und Niederlagen helfen, später weniger davon zu machen. Auch meine Manager lasse ich manchmal Fehler machen, wenn sie ihren Dickschädel durchbringen wollen. Es ist wichtig, dass sie Fehler machen, denn nur wenn du Fehler machst, bildest du Antikörper. Fehler müssen passieren, sie bilden die Kraft, es besser zu machen. Das tut manchmal weh, aber es ist der einzige Weg, um Fortschritte zu machen.
Die Diesel-Farm
Renzo Rosso ist ein Macher. Und als solcher bleibt der Italiener nicht bei der Mode, sondern übt sich seit 1994 auch als Wein- und Olivenölproduzent auf der eigenen Farm. Diese liegt rund drei Stunden Autofahrt nordwestlich von Venedig auf 300 Metern über Meer in den Hügeln von Marostica. Gleich nebenan ist Rosso aufgewachsen, in Bassano del Grappa, einer Stadt mit etwas über 43’000 Einwohnern. Über 100 Hektaren zählt die Diesel-Farm, auf der Weinreben genauso sprießen wie sonnenverwöhnte Olivenbäume. Chardonnay, Merlot Cabernet Sauvignon und Pinot Nero wachsen hier, die Renzo Rosso zu „Bianco di Rosso“ und „Rosso di Rosso“ verarbeitet. Es sind Flaschen, ganz ursprünglich und unprätentiös, auf der keine auffälligen Etiketten prangen, sondern von Hand aufgestempelte Buchstaben und Zahlen. Nur eine geringe Stückzahl Flaschen verlässt die Farm, die danach in den besten Restaurants der Region genossen werden.