30 Jahre arbeitet Susanne Kölbli schon für Thomas Sabo. Und zwar als Creative Director und rechte Hand von Thomas Sabo selbst. Im Interview spricht sie mit uns über ihre Zeit im Unternehmen, über Trends und die Entwicklung der Marke und erklärt, weshalb sie am eigenen Handgelenk mehr als nur ein Bracelet trägt.
FACES: Es ist 11 Uhr. Was haben Sie bisher heute gemacht?
Susanne Kölbli: Ich bin um 6 Uhr aufgestanden, um 7 Uhr 30 hat mich mein Yoga-Coach bei mir zuhause besucht, und wir haben eine Stunde lang gemeinsam trainiert. Danach habe ich mich umgezogen und bin ins Atelier spaziert. Ich mache das jeden Morgen, da ich nur knapp 20 Minuten entfernt wohne.
F: Wie schön!
SK: Ja, das ist es. Und Yoga mache ich jeden Tag. Das tut mir wahnsinnig gut und ist quasi mein Ausgleich zur Arbeit. Tagsüber bin ich dann mit Meetings beschäftigt und damit Emails zu beantworten und zu telefonieren.
F: Ein normaler Arbeitstag also. Aber wenn Sie eine neue Kollektion designen, ist der Ablauf ein anderer oder?
SK: Das ist bei uns ehrlich gesagt ein sehr fließender Prozess. Wir arbeiten eigentlich stetig daran, neue Kollektionen zu entwickeln. Als erstes erstellen wir eine Trendanalyse, die ich dann mit Herrn Sabo bespreche. Wir machen Trendboards und Themenvorschläge, die wir im Team diskutieren, und wenn wir uns einigen können, fertigen wir Skizzen einzelner Schmuckstücke an. Alles wird immer wieder hinterfragt und neu besprochen, bis die Entwürfe den Vorstellungen von Herrn Sabo entsprechen. Danach werden die ersten Muster hergestellt.
F: Welches sind die aktuellen Schmucktrends?
SK: Die Leute legen nach wie vor Wert darauf, Ihre Schmuckstücke zu personalisieren. Der Schmuck ist zunehmend Ausdruck der individuellen Persönlichkeit. Was sich durchgesetzt hat, sind Armbänder. Möglichst viele Lagen, übereinander, nebeneinander und miteinander. Mir gefällt dieser Trend sehr, man kann zahlreiche Stücke sammeln und Materialien und Farben miteinander kombinieren. So entwickelt sich die Sammlung mit dem Leben mit.
F: Was tragen Sie selbst am Arm?
SK: Ich trage den buntesten Mix überhaupt. (lacht) Da gehört viel aus unserer eigenen Kollektion dazu, die neuen Stücke aus der Karma-Beads-Kollektion zum Beispiel, einige Love-Bridge-Armbänder mit Gravur, einige Erinnerungsstücke von früher, von meiner Mutter etwa. Wenn ich irgendwo bin, wo es mir gut gefällt, kaufe ich etwas Neues dazu, das mich dann an diesen Ort oder diesen Moment erinnert. Aus Capri habe ich zum Beispiel einige Armbänder. Viele Stücke trage ich ständig, andere passe ich meinem jeweiligen Tagesoutfit an.
F: Haben Sie ein Lieblingsstück?
SK: Mein personalisiertes Karma-Armband, das ich nach meinen Wünschen und meinen Stärken und Schwächen gestaltet habe. Das begleitet mich täglich. Und natürlich mein Ehering! (lacht)
F: Erinnern Sie sich an Ihr erstes Schmuckstück?
SK: Ich habe von meinem Patenonkel zur Taufe ein Bettelarmband geschenkt bekommen, aus Silber mit ganz kleinen emaillierten Tieren dran.
F: Gibt es ein Schmuckstück, das jeder haben muss?
SK: Ich finde dieses „muss“ sehr schwierig. Eine Frau sollte aber auf jeden Fall eine Perlenkette besitzen, die ist ein absoluter Hautschmeichler. Es gibt aber meiner Meinung nach kein universelles Schmuckstück. Man sollte dort Schmuck tragen, wo es einem am besten steht. Wer schöne Ohrläppchen hat, betont diese mit großen Kreolen, andere tragen an ihrem schlanken Hals lieber eine Kette zur Schau. Man sollte das tragen, woran sein Herz hängt, das ist wohl das Wichtigste.
F: Gibt es auch Fehler, die man beim Schmuck machen kann?
SK: Man kann niemals nie sagen. Es kommt immer auf den Zeitgeschmack und die individuellen Vorlieben an. Irgendwann sagt man ‚Igitt, Frottesocken und Sandalen sind eklig‘, und eine Saison später zeigt Prada genau das in seinen Kampagnen. In allem liegt eine gewisse Ästhetik. Vielfach sind auch hässliche Dinge interessant und auf ihre eigene, besondere Art schön.
F: Bevor Sie sich an eine Kollektion ranwagen. Wo holen Sie sich Ihre Inspiration?
SK: Ich habe die Eckdaten aus aktuellen Kollektionen. Was war erfolgreich, was nicht. Aber am liebsten schaue ich mir die Menschen auf der Straße an.
F: Vom Scheitel bis zur Sohle?
SK: Genau, ich achte auf den gesamten Look. Wie sind die Leute angezogen, ist ihre Kleidung bequem, oder quälen sie sich mit High Heels und Gürteln ab. Ich stelle mir immer die Frage: Was wollen die Leute? Ebenfalls interessiert mich der Prozess von den Entwürfen der Designer auf dem Laufsteg über die Präsentation in den Magazinen bis zur Auswahl der Einkäufer. Aber am Wichtigsten ist immer noch, was die Leute schlussendlich auch tragen und nicht nur kaufen. Darauf achte ich am meisten.
F: Dieser Prozess hat sich in den vergangenen Jahren durch Social Media sehr verändert. Macht das Ihre Arbeit leichter oder erschwert es sie eher?
SK: Es erschwert nicht unbedingt, sondern verändert die Arbeit. Vorher waren die Trends viel klarer definiert und das meistens durch Zeitschriften. Das war Schwarz auf Weiß gedruckt. Jetzt ist alles vielschichtiger, man erkennt keine klare Linie mehr, sondern sieht eher Momentaufnahmen. Ich denke aber, dass wir es beim Schmuck etwas einfacher haben als Labels mit ihrer Kleidung. Schmuck ist sehr persönlich und wird nicht immer als Modeaccessoire gekauft, sondern als Erinnerung an gewisse Momente im Leben. Und solche Stücke stehen über den Trends. Diese Emotionen – Liebe, Zuneigung, Freundschaft – sind beständig.
F: Also ist Schmuck eigentlich trendunabhängig?
SK: Ja, das sehe ich so.
F: Sie schaffen es mit Ihren unterschiedlichen Kollektionen – Sterling Silver, Charm Club, Fine Jewellery –, die Bedürfnisse der Konsumenten abzubilden und für jeden etwas bereit zu halten. Worin besteht der Unterschied, wenn Sie beispielsweise für Charm Club etwas entwerfen im Vergleich zum Designprozess bei Fine Jewellery?
SK: Die Käufer sind anders, die Stile genauso. Charm Club ist sehr jung, verspielt, bunt, lustig und einfach verständlich. Die Fine Jewellery Kollektion ist etwas erwachsener und intellektueller, da braucht man auch ein gewisses Gespür für die Schmuckstücke und ein anderes Verständnis.
F: Diese Vielfalt ist ja auch ein Grundbestandteil des Erfolgs der Marke Thomas Sabo.
SK: Auf jeden Fall!
F: Und Sie arbeiten sehr eng mit Thomas Sabo zusammen. Wie beschreiben Sie ihn als Menschen?
SK: Herr Sabo ist ein Visionär, ein Energiebündel und der Motor der Firma.
F: Ich habe ihn als sehr sympathischen Menschen kennen gelernt.
SK: Das ist er auch. Er weiß genau, was er will und wo er hin will. Er vertritt seine Meinung ganz klar und hat eine Vision davon, was er aus seiner Firma machen möchte.
F: Und Sie sind quasi seine rechte Hand! Sie arbeiten seit knapp 30 Jahren für ihn.
SK: Ich verstehe mich mit Herrn Sabo sehr gut, wir hatten von Beginn an einen Draht zueinander. In den 30 Jahren haben wir gemeinsam zahlreiche Ziele gesetzt, auf die wir hingearbeitet und dabei immer an einem Strang gezogen haben. Wir wussten beide genau, wohin die Reise gehen soll. Herr Sabo hat dafür sehr viel von seiner Lebensenergie gegeben und tut dies heute noch genauso.
F: Was waren in diesen Jahren Ihre persönlichen Highlights?
SK: Meine Ehe! (lacht)
F: Eine schöne Liebeserklärung an Ihren Mann!
SK: Mein Leben ist von drei Männern geprägt: meinem Vater, meinem Ehemann und Thomas Sabo. Und mit allen dreien verstehe ich mich gut, sie geben mir Rückhalt und Unterstützung. Sie haben mich angespornt und alles aus mir rausgeholt, was ich kann.
F: Ein perfektes Zusammenspiel!
SK: Und alle drei spielen eine sehr wichtige Rolle in meinem Leben. Es ist schön, dass sie mit mir die Eröffnung der ersten Geschäfte erleben durften oder die Lancierung der einzelnen Linien. Solche Momente mit ihnen teilen zu können, geht sehr ans Herz. Was mich auch sehr berührt sind die Augenblicke, in denen ich Menschen mit unserem Schmuck auf der Straße sehe. Dann freue ich mich, denn solche Momente machen aus einem Tag etwas ganz Besonderes.
F: Thomas Sabo ist ein richtiges Universum. Es gibt neben den Schmucklinien auch Parfums oder Uhren. Was fehlt noch?
SK: Es gibt bestimmt noch einen Accessoire-Bereich, den man angehen könnte. Wir denken darüber nach, aber konkrete Pläne bestehen noch nicht.
F: Sie haben einen anstrengenden Job. Wie entspannen Sie – neben der morgendlichen Yoga-Stunde?
SK: Am Kochtopf. (lacht)
F: Sind Sie eher der Koch oder der Esser?
SK: Beides. (lacht) Um auf Ihre Frage zurückzukommen: Ich koche gerne oder lese ein Buch, oder ich schaue aufs Meer, um mich zu entspannen.
F: Wo schauen Sie gerne aufs Meer?
SK: Auf Sylt.
F: Und wenn Sie es nicht nach Sylt schaffen, was gönnen Sie sich dann?
SK: Eine Chanel-Handtasche. (lacht)
F: Sparen Sie denn gerade auf eine neue Tasche oder auf etwas anderes?
SK: Auf keine Tasche, sondern auf einen Kronleuchter, ehrlich gesagt.
F: Wie beschreiben Sie Ihren persönlichen Stil?
SK: Boho-Hippie-Rock-Chic! (lacht)
F: Quasi einmal die Kollektion rauf und runter.
SK: Genau!