Kunst ist mehr als reine Dekoration. Im Falle von Rita Sabo wird das Werk zur Gesellschaftskritik und zum Zeugnis einer Zeit, in der wir uns mitten im Nachhaltigkeitskampf befinden. In ihrer Reihe „Sacred Planet“ verarbeitet die Künstlerin ihre Gedanken und ruft mit Farbe und Pinsel dazu auf, unserer Erde Sorge zu tragen.
FACES: Als Künstlerin hast du die Möglichkeit, den Menschen deine Sicht der Welt zu vermitteln. Deine Reihe „Sacred Planet“, die kürzlich auch in Venedig ausgestellt wurde, befasst sich ganz intensiv mit dem Thema Nachhaltigkeit. Weshalb liegt dir dieses so sehr am Herzen?
Rita Sabo: Noch nie war unsere Welt so schnell, so oberflächlich und so sehr im Wandel wie gerade. Wir leben in einer sich ständig verändernden Welt und Gesellschaft, und ich finde es extrem wichtig, unsere Wurzeln trotz allen Problemen und Veränderungen nicht zu verlieren. Meine Kunst hilft den Menschen dabei, sich ihren Ursprüngen zu besinnen.
F: Kunst ist immer ein Zeitzeugnis, und deine Werke verkörpern die Probleme, die wir mit unserer Welt haben. Welche Aussage dazu machst du mit deinen Werken?
Rita Sabo: Ich hoffe sehr, dass meine Werke als Weckruf verstanden werden und wir in einigen Jahren auf sie zurückblicken werden im Wissen, dass wir die Krise überwinden und als Gesellschaft einen positiven Weg einschlagen konnten.
Die Reihe „Sacred Planet“
F: In „Sacred Planet“ verarbeitest du insbesondere das Thema Nachhaltigkeit. Gibt es andere Themen, die du dir für eine weitere Reihe zu Herzen nehmen möchtest?
Rita Sabo: Die DNA, unser Ursprung und unser Planet gehören zu meinen Herzensangelegenheiten. Darin befinden sich so viele einzelne Themen, die ich noch bearbeiten möchte, es lässt sich immer und immer wieder darauf aufbauen.
F: Nicht nur deine Ausstellung trug den Titel „Sacred Planet“, tatsächlich hast du aus Aluminium auch ein Werk mit demselben Namen kreiert. Was möchtest du damit aussagen?
Rita Sabo: Das ist ein Symbol für die weltliche Schöpfungskraft und die Verbundenheit in unserem Universum. Nie war es wichtiger als heute, unseren Planeten zu lieben, zu ehren und zu schützen, schließlich haben wir nur diese eine Erde, die die Grundlage unseres Lebens darstellt. Der Sockel zu „Sacred Planet“ besteht aus altem, venezianischem Holz mit zahlreichen Wurmlöchern und bietet als warmes Element zum kalten Aluminium den passenden Kontrast.
F: Deine Ausstellung „Sacred Planet“ fand im vergangenen Sommer in der berühmten Biblioteca Nazionale Marciana direkt am Markusplatz in Venedig statt. Hat die Stadt Venedig für dich denn eine spezielle Bedeutung?
Rita Sabo: Venedig ist mir sehr wichtig, bildet dieser Ort doch den Startpunkt der Liebe zwischen meinem Mann und mir. Die Liebe zu Venedig hat mich zudem auch zum Namen meiner Tochter inspiriert. (Venezia; Anm. d. Red.)
Symbole aus der griechischen Mytholigie und der Keltik
F: Die Symbolik ist ein großer Bestandteil in deinen Werken. Welche Symbole sind für dich besonders wichtig?
Rita Sabo: Ich verwende zahlreiche Symbole aus der griechischen Mythologie oder auch aus der Keltik. Immer wieder wirst du die Zirbeldrüse erkennen, die auch unter dem Namen des dritten Auges bekannt ist. Auch die Farben sind mir besonders wichtig. Grün etwa verwende ich als Farbe des Herzens, die in zahlreichen meiner Werke zur Geltung kommt.
F: Du mischst Symbole aus dem Keltischen munter mit anderen aus dem Buddhismus. Wie fügst du diese zusammen?
Rita Sabo: Ich denke viel darüber nach, welche Symbole wie zusammengehören oder zueinander passen. Meiner Ansicht nach sind alle Symbole und Zeichen auf unserer Erde entstanden und damit ein Teil unserer Welt, weshalb ich darin auch kein Problem sehe, diese miteinander zu verbinden.
F: Neben der Symbolik spielt auch das Konzept der sakralen Geometrie eine große Rolle in deiner Kunst. Kannst du erklären, was man darunter versteht, und was dich daran so sehr fasziniert?
Rita Sabo: Per Zufall bin ich über ein Video zur sakralen Geometrie gestolpert, das mich sofort umgehauen hat. Ich bin stets auf der Suche nach mehr, weil ich der Überzeugung bin, dass es mehr gibt als das, was wir wahrnehmen. Sakrale Geometrie ist die Lehre vom Aufbau der Welt, die sich in allem widerspiegelt: im Aufbau von Gebäuden, in Pflanzen, im menschlichen Gesicht oder in der Kunst. Der
goldene Schnitt ist sowas wie die Basis der sakralen Geometrie.
F: Deine Kunstwerke bestehen oft aus mehreren Leinwänden. Weshalb?
Rita Sabo: Die Welt besteht aus mehreren Teilen – genau wie meine Bilder. Ich liebe es außerdem, so zu arbeiten: an mehreren Leinwänden gleichzeitig, teils über Kopf und aus mehreren Perspektiven, um das Werk am Schluss wie ein Puzzle zusammensetzen zu können.
F: Wie kommst du auf die Namen deiner Bilder, und weißt du vielleicht schon zu Beginn, wie du dein Werk nennen wirst?
Rita Sabo: Nein, am Anfang des Prozesses habe ich noch keine Ahnung davon, wie das Werk am Schluss heißen wird, wenn es an der Wand hängt. Ich mache mir sehr lange Gedanken, bevor ich meine Bilder benenne – das ist für mich ein schwieriger Prozess, weil meine Werke ja eine sehr tiefe Bedeutung haben. Ich lasse mich von Texten und Gedichten inspirieren, teils recherchiere ich auch noch tiefer zu den Themen, die ich in meinen Bildern verarbeite, und plötzlich habe ich eine Idee für einen passenden Namen.
Erst die Recherche, dann das Handwerk
F: Wie wichtig ist die Recherche in deinem Arbeitsprozess?
RS: Die Recherche ist ein essentieller Bestandteil meiner Arbeit. Ich setze mich intensiv mit Themen wie etwa der Nachhaltigkeitsproblematik auseinander, bevor ich diese in Form meiner Kunst auf die Leinwand banne. Erst, nachdem ich mich eingehend informiert habe, beginnt die rein intuitive Arbeit, bei der ich die Farbe auf die Leinwand bringe.
F: Wie beschreibst du deine Arbeitsweise?
Rita Sabo: Ich arbeite extrem intuitiv und im Fluss. Dabei berufe ich mich nicht auf ein klassisches Konzept, sondern stütze mich auf die Symbologie, die ich aus der Vergangenheit in die Gegenwart transferiere und damit auch in die Zukunft transzendiere. Zeitgleich verleihe ich alten Symbolen teilweise neue Bedeutungen. Bevor ich mich an ein Werk wage, überlege ich mir, was ich damit aussagen will; das ist auch eine Art von Konzept, aber keines, dem ich dann Schritt für Schritt folge.
F: Wie lange brauchst du von der weißen Leinwand bis zum fertigen Werk?
Rita Sabo: Wenn ich jeden Tag arbeite, dann ungefähr einen Monat, wobei dies von Bild zu Bild variiert und schon mal länger dauern kann, wenn es ein richtig großes Werk ist. Ich arbeite in mehreren Schichten, die erst trocknen müssen, bevor ich mit einer anderen Ebene weiterfahren kann.
F: Wann weißt du, dass ein Bild fertig ist?
Rita Sabo: Sobald ich auf mein Bild schaue und merke, das für mich alles einen Sinn ergibt. Das fühlt sich für mich an, als würde ich eine Geschichte in einem Buch lesen. Dieser Prozess kann sich allerding über Wochen hinziehen. Erst, wenn für mich alles passt, versiegle ich das Bild.
Kunst ist beides, Talent und Handwerk
F: Du hast an mehreren Kunstschulen gelernt und studiert. Wie viel hat Kunst mit Talent und wie viel mit Handwerk zu tun?
Rita Sabo: Kunst beinhaltet beides, Talent und Handwerk. Beide Komponenten sind wichtig, wobei ich der Meinung bin, dass man Kunst auch lernen kann. Allgemein würde ich jedoch sagen, dass das Talent vielleicht 30 Prozent ausmacht, der Rest ist das Erlernen eines Handwerks. Und meiner Meinung nach ganz wichtig: Man darf auf keinen Fall faul sein!
F: Wie blickst du auf deine Anfänge als Künstlerin zurück?
Rita Sabo: Es musste alles so sein, wie es war, damit ich heute als Künstlerin dort stehe, wo ich bin. Daran glaube ich ganz fest. Es ist für mich besonders spannend, meine eigene Entwicklung in meinen Werken zu erkennen. Früher bin ich unbeschwerter an meine Kunst herangegangen als heute, wo ich mir viel mehr Gedanken mache, akribischer recherchiere und genauer arbeite.
F: Wie muss man sich einen Tag in deinem Künstlerinnenleben vorstellen?
Rita Sabo: Je älter ich werde, desto organisierter und strategischer gehe ich vor. Das liegt sicherlich auch daran, dass ich nicht nur Künstlerin bin, sondern auch Ehefrau und Mutter einer kleinen Tochter. Normalerweise strukturiere ich meine Tage sehr genau und lege die Stunden fest, in denen ich an meiner Kunst arbeite. Ab und an habe ich aber auch meine wilden Phasen, wenn mich meine kreativen Schübe überkommen und ich direkt ins Atelier renne, um meine Ideen umzusetzen.
Die liebe Muse und die Quellen von Ritas Inspiration
F: Was tust du, wenn dich die Muse nicht küsst?
Rita Sabo: Druck zu machen, funktioniert bei mir nicht. Meine Kunst braucht ihren Freiraum. Aus meiner Erfahrung heraus weiß ich, dass es mir hilft, den Prozess dennoch zu starten, eins mit ihm zu werden, regelrecht mit ihm zu verschmelzen, um auch kreative Flauten zu überbrücken.
F: Was sind die Quellen deiner Inspiration?
Rita Sabo: Musik und Reisen helfen mir sehr dabei, mich inspirieren zu lassen. Ich liebe die Musikrichtung Elektro-House, höre beim Malen aber gerne auch klassische Musik.
F: Elektro-House und Klassik – das sind zwei extreme Kontraste!
Rita Sabo: Genau, und das liebe ich! Ich liebe Kontraste im Leben und in meinen Werken. Hell und dunkel, Schwarz-Weiß und Farbe, sie machen meine Kunst aus.
F: Man kann dich auf Instagram dabei begleiten, wie du konzentriert Pinselstrich um Pinselstrich deine Bilder aufbaust. Schaut dir deine Tochter manchmal dabei zu?
Rita Sabo: Ich arbeite in meinem eigenen Atelier in Wien und nicht zuhause. Meine Tochter hat mich dort auch schon besucht, allerdings versuche ich, sie so gut es geht von der Farbe fernzuhalten. Sie beobachtet mich zuhause aber stets beim Zeichnen, setzt sich dann neben mich und versucht ebenfalls, etwas zu kreieren.
Früh übt sich, wer genial sein will
F: Wie war deine erste Berührung mit Kunst?
Rita Sabo: Als Kind habe ich sehr oft gemalt und gebastelt. Über meine Familie bin ich in die Kunst hineingewachsen, haben wir doch früher auch in Basel gelebt und etwa die Kunstmesse Art Basel und zahlreiche Vernissagen stets hautnah miterlebt.
F: Du hast in zahlreichen Städten wie etwa Basel oder Jerusalem gewohnt und gelebt. Zeigt sich das in deinen Werken?
Rita Sabo: Alle meine Erlebnisse widerspiegeln sich in meiner Kunst. Ich verbinde tolle Erinnerungen mit jedem einzelnen dieser Orte, die mich sehr geprägt haben.
F: Wo fühlst du dich denn am meisten zuhause?
Rita Sabo: Egal, wo ich auf der Welt bin: Wenn meine Familie bei mir ist, fühle ich mich zuhause. Mein Herz ist dort, wo meine Familie ist.
Der größte Katalysator für Ritas Kunst ist die Liebe
F: Du hast einmal gesagt, deine größte Inspiration und der beste Katalysator für deine Kunst sei die Liebe. Gibt es noch andere Emotionen, die dich inspirieren?
RS: Die Liebe ist eine unglaubliche, wunderschöne Emotion, die eine unfassbare Schöpfungskraft in sich trägt. Jede Art von Emotion ist eine Inspiration – spürt man nichts, kann daraus auch nichts entstehen.
F: Wo sieht man Ärger in deiner Kunst?
Rita Sabo: Eigentlich gar nirgends. Ich möchte den BetrachterInnen meiner Werke Positives mit auf den Weg geben. Ärger oder Wut verarbeite ich, bevor ich mich ans Malen mache, wo ich mich vor allem auf die positiven Emotionen konzentriere.
Begleite Rita Sabo auf Instagram und finde auf ihrer Webseite mehr über die Künstlerin heraus.
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Teaserfoto & Fotos: © Rita Sabo