Karl Lagerfeld – ein Mann, tausend Worte und noch mehr kreative Energie. Das Modegenie über seine eigene Fashionlinie, Düfte und Uhren, den Zusammenhang zwischen Mode und Parfums, und wieso er neben Chanel etwas kreieren wollte, das alle bezahlen können.
FACES: Wie stehen Mode und Parfums im Kontext?
Karl Lagerfeld: Heutzutage geht es in der Mode nicht nur um Kleider. Es geht um das Ganze. Das Universum eines Labels ist wichtig und da gehört natürlich ein Parfum unbedingt dazu. Ich glaube, sie sind heute mindestens genauso wichtig wie Kleider. Man trägt sie schließlich den ganzen Tag auf der Haut.
F: Welche Bedeutung haben Düfte in Ihrem Alltag?
KL: Ich kann mir einen Alltag ohne Düfte und Parfums gar nicht vorstellen. Ihr Gebrauch ist für mich wie das Gesicht zu waschen. Ich finde, jeder sollte sie benutzen, ich empfinde es als äußerst unhöflich, nicht gut zu riechen. Ich liebe Parfums, ich liebe Duftkreationen aller Art, für Frauen, und auch für Männer. Sie machen das Leben schöner und lebenswerter – Parfums sind Mode für die Nase.
F: Haben Sie ein Duftritual?
KL: Ich liebe es, jede Menge Parfum aufzutragen! Oft rieche ich es selbst nicht mehr, deshalb trage ich wohl immer viel zu viel auf. Aber ich finde es ganz toll, sie herumzuspritzen. Heute gibt es ja fast nur noch Sprays, allerdings mag ich es auf die alte Art viel lieber, denn dann kann man sie gebrauchen, als wären sie Wasser. Nicht unbedingt auf der Haut, eher auf meinen Hemden, meinen Bettlaken oder auch meinen Handtüchern – eigentlich überall!
F: Verraten Sie uns Ihre persönlichen Lieblingsduftnoten?
KL: Ich liebe Iris oder den Geruch von Leder und Früchten. Oder sogar einen Hauch von Tabak, auch wenn ich selber nicht rauche. Oder Mandarine. Am liebsten ist mir der Mix all dieser Noten. Rosenduft oder Ähnliches mag ich allerdings gar nicht, das ist mir zu klassisch. Und es gibt schon genug solcher Parfums; die entsprechen nicht meinem Geschmack, ich bevorzuge etwas Moderneres. Natürlich gibt es tolle Klassiker, aber wenn ich einen neuen Duft kreiere, erwartet von mir wohl auch niemand, dass er altbacken und klassisch wird.
F: Woher stammt Ihre unerschöpfliche Inspiration?
KL: Auch wenn es überheblich klingt: von mir selbst. Allerdings habe ich ein bisschen Angst davor, dass mein „Ich“ auf meinen Geschmack trifft…
F: Deshalb trägt Ihre eigene Linie wohl auch Ihren Namen. Wie beschreiben Sie diese?
KL: Neben den teuersten und exklusivsten Kleidern und Accessoires der Welt wollte ich etwas kreieren, das nicht in diesem hohen Preissegment angesiedelt ist. Und das wollte ich immer mit meinem eigenen Namen tun. Schließlich bin ich ja ziemlich bekannt. Die Teile der Karl-Lagerfeld-Kollektionen sind für viele Leute erschwinglich, und man kann sie sich leisten, ohne Probleme mit der Kreditkarte zu bekommen.
F: Welches Kleidungsstück braucht jede Frau in ihrem Kleiderschrank?
KL: Ich glaube es gilt für Frauen und Männer das gleiche: ein Paar Jeans, ein schickes Hemd und einen Blazer. Das ist es, was alle brauchen, Jung und Alt, das sind die Basics. Eventuell noch ein T-Shirt und Frauen auch einen Rock. Allerdings finde ich Röcke für Männer ganz schrecklich!
F: Welches Accessoire rundet den schicken Look ab?
KL: Ich liebe Uhren, nur dass heute alle auf ihr Handy schauen, um zu wissen, wie spät es ist. Uhren sind heute genauso wichtig wie Schmuck. Sie müssen auch nicht unbedingt unglaublich teuer sein. Ich trage sehr gerne Uhren, für mich sind sie eine Art moderner Juwelen.
Biografie von Karl Lagerfeld
Der Mann, den man heute mit weiß gepudertem Pferdeschwanz, Sonnenbrille, fingerlosen Bikerhandschuhen und spitzer Zunge kennt, wurde 1933 als Karl Otto Lagerfeld in Hamburg geboren. Er wuchs in wohlhabenden Verhältnissen auf und verbrachte seine Kindheit aufgrund des 2. Weltkrieges abwechselnd in Hamburg oder auf dem Gut der Eltern in Bad Bramstedt. Mit 20 Jahren zog er mit seiner Mutter nach Paris, wo er seither lebt und arbeitet; seit dem Tod seines an Aids erkrankten Partners 1989 allein und seit 2011 mit seiner Katze Choupette, die einen eigenen Twitter-Account besitzt und bereits auf einem Vogue-Cover abgelichtet wurde. Sie ist heute die nächste Vertraute des modischen Tausendsassas, der vor seiner Zeit bei Chanel, wo er 1984 Chefdesigner wurde, unter anderem bereits für Pierre Balmain, Chloé und Fendi entwarf. Weitere Musen des Modezaren waren über die Jahre Inès de la Fressange, Claudia Schiffer, Freja Beha Erichsen, Baptiste Giabiconi oder auch Beth Ditto. Begonnen hat Lagerfelds modische Karriere 1955, als er bei einem Wettbewerb mit einem Wollmantel gewann – Yves Saint Laurent gewann in der Kategorie Abendkleid. Über die Jahre wurde aus dieser Freundschaft allerdings offene Rivalität, weil Saint Laurent eine Affäre mit Lagerfelds Partner gehabt haben soll. 1984 gründete Lagerfeld sein eigenes Label Karl Lagerfeld, das über die Jahre unzählige Male Namen und Besitzer wechselte. Seit 2012 gibt es die Linie Karl für Frauen und Männer sowie die teurere Kollektion Karl Lagerfeld Paris. Zudem entwirft er nach wie vor Prêt-à-Porter-Kollektionen für Fendi. Abgesehen von Büchern – in seiner Privatbibliothek hat Kaiser Karl angeblich über 300’000 Bücher stehen – gelten seine Leidenschaften der Fotografie und dem Schreiben selbst. Lagerfeld besitzt einen eigenen Verlag sowie einen Buchladen in Paris und brachte diesen Herbst die erste Ausgabe der Zeitung „The Karl Daily“ heraus. Der Workaholic arbeitet außerdem regelmäßig an diversen Kooperationen mit verschiedensten Brands wie Coca Cola, H&M oder Hogan. Daneben werden Uhren und Sonnenbrillen mit seinem Namen vertrieben, und er wagt sich immer wieder an die Kreation von Parfums. Die letzten beiden kamen im April diesen Jahres auf den Markt und tragen den Namen „Karl Lagerfeld pour Femme“ und „Karl Lagerfeld pour Homme“. Der heute 81-Jährige denkt, wenn überhaupt, noch nicht laut, über seinen Ruhestand nach und hält seit seiner Diät im Jahr 2000, wo er 42 Kilo verlor, eisern an seiner Gesundheit fest. Nicht zuletzt aus Eitelkeit, denn nach eigenen Aussagen will er unbedingt in die schmalen Dior-Homme-Anzüge passen, die er so liebte und ständig trug.
Am 19. Februar 2019 ist Karl Lagerfeld in Paris an einem Krebsleiden verstorben. R.I.P.